KAUFPLATZAREAL + FREIRAUMACHSE WEISSER MAIN


Stadt Kulmbach
Städtebaulicher und freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb mit Ideenteil
mit BHSF Architekten, Zürich/München
November 2022


Schulterblick

Das ehemalige Kaufplatzareal befindet sich an einer komplexen städtebaulichen Schnittstelle. Die „Rückseite“ der Altstadt trifft hier auf großmaßstäbliche Stadterweiterungen aus dem 20. Jahrhundert und auf den Weißen Main als Besonderheit. Verbunden mit den weiteren Perimetern entlang des Weißen Mains bietet das Areal eine einmalige Chance zur Stadtergänzung und auch Stadtreparatur. Der Blick zurück in die Vergangenheit verrät, dass noch lange eine zeilenartige, Nord-Süd ausgerichtete Bebauung existierte, die sich auf den Fluss ausrichtete und heute noch im Ideenteil erkennbar ist. Ebenfalls zeigt sich eine markante diagonale Verbindung von Holzmarkt zum ehemaligen Spinnereiareal sowie Flussschleifen im westlichen Ideenteil. Diese Elemente werden im Vorschlag aufgegriffen und in die Gegenwart übersetzt.

Der neue Stadtbaustein entwickelt um die Diagonale Holzmarkt-Spinnereiareal eine öffentliche Verbindung zu einem neuen Platz am Wasser und einer nutzbaren Uferzone, die es ermöglicht, dass der Fluss wieder sichtbar und erlebbar ins Bewusstsein der Anwohner und Besucher rückt. Von der Uferpromenade führt eine neue, diagonale Brücke zum „Platz mit Burgblick“ an der Fritz-Hornschuch-Straße. Von hier als auch von den anschließenden südorientierten Sitzstufen entlang des Flusses fällt der Blick auf die Plassenburg, die über der Altstadt-Silhouette thront. Die diagonale Brücke deutet die Richtung in zum ehemaligen Spinnereiareal an, wo die Platzabfolge fortgesetzt wird. Großzügige Freiflächen mit campusnahen Nutzungen bespielen das Areal: der Wasserplatz bietet Kühlung an heißen Sommertagen und dient als Rückstaufläche bei Starkregenereignissen. Sitzstufen unter schattenspendenden Bäumen überbrücken die beiden Höhenniveaus und laden zum Verweilen ein.

Die neue Campus-Achse Ost richtet den Blick danach auf den bestehenden Backsteinkamin und führt zum Bus-Wartebereich im Freien. Von dort wird die Platzabfolge durch eine Fuß- und Radbrücke über den neuen Kreisverkehr geleitet, der die komplexe Kreuzungssituation entspannt und neu regelt. Auf der anderen Seite findet der Weg zurück zum Fluss, wo Flussbalkone Achsen aus dem zukünftigen Campus-Areal aufgreifen und Sitzstufen und flache Wiesenböschungen den Zugang zum Wasser erlauben. Die beiden Flussschleifen sind ein optionaler Vorschlag, der den Fluss bezugnehmend auf seinen ursprünglichen Verlauf wieder einen neuen Stellenwert einräumt und das Potential hat, das Gerüst für eine zukünftige, dem Campus-Areal zugeordnete Grünfläche zu bilden.

Im Realisierungsteil werden entlang der öffentlichen Verbindung polygonale Punktbauten mit Mansarddach platziert, die in ihrer Volumetrie und Gestalt eine Brücke zur Altstadt schlagen. Auch das Auftaktgebäude an der Bahnhofstrasse hat ein Mansarddach, um einerseits eine räumliche Kante zu schaffen, und um andererseits das neue Areal auch an der Bahnhofstrasse sichtbar zu machen. Außerhalb dieser Bereiche staffeln sich Baukörper mit einer differenzierten Höhenentwicklung, Flachdächern mit Dachgärten sowie begrünten Fassaden, die auf die bestehende, einfache Zeilenbebauung verweisen.

Die Bebauung kann in drei Baufelder unterteilt werden, die auch unabhängig voneinander entwickelt werden können (2 im Realisierungsteil, 1 im Ideenteil). Die Tiefgarageneinfahrten sind am Rand der Baufelder in Gebäuden integriert und können so das Areal komplett von PKWs freispielen. Die typologische Diversität macht verschiedene Nutzungsszenarien denkbar; am plausibelsten scheint eine Mischung aus gemeinschaftlichem Studentenwohnen mit Gemeinschaftshöfen im Westteil, individuellem Stadtwohnen im mittleren Teil und ruhigerem Wohnen mit privaten Gartenzonen im Ideenteil.