CARUSALLEE SCHWEINFURT


Schweinfurt
Zweiphasiger Realisierungswettbewerb , 2. Preis
September 2017


GESTALTUNGSKONZEPT

BEWEGUNGSRÄUME Die Carusallee stellt eine wichtige Ost-West-Erschließung für das Areal dar. An ihrer nördlichen Kante verläuft eine großzügige Promenade, die als Shared Space von Bussen, Fußgängern und Radfahrern genutzt wird. Eine Erschließungszone für die angrenzenden Campus-Gebäude ist vorgese-hen. Die nördliche Verbindungsachse verläuft streng linear und dient der schnellen Bewegung von Ost nach West. Als Kontrast dazu löst sich die südliche Kante von der Linearität und schafft so eine langsamere und abwechslungsreichere Bewegungszone für Fußgänger. An der Campus-Plaza kreuzt die Carusallee die Campus-Achse. Der Bewegungsraum hier ist Fußgängern und Radfahrern vorbehalten.

AUFENTHALTSRÄUME UND NUTZUNGEN Der freie geschwungene Bewegungsverlauf im Süden der Carusallee resultiert in einer Zergliederung der Fläche in Inseln, die eingebettet sind in großzügige Rasen- und Wiesenflächen. Die Inseln bieten Raum für verschiedene Nutzungen, wie z.B. Lern- und Lesezonen, Grillzonen, Spielzonen und Treffpunkte für alle Altersgruppen. Im Bereich der Studentenwohnheime kon-zentrieren sich studentische Nutzungen, während im Westen auch Kinder, Familien und Senioren eingebun-den werden. Die Campus-Achse zwischen den Uni-Gebäuden bietet Platz für Lernzonen und Treffpunkte.

BAUMSTRUKTUR UND BLICKFENSTER Die Baumstruktur unterstützt die Bewegungsrichtungen und Nutzungszonierung. So folgt die nördliche Baumreihe der Carusallee der linearen Bewegungsrichtung, wäh-rend die Bäume im Süden „aus der Reihe tanzen“ und sich an der Inselstruktur und der freien Bewegung orientieren. Die Bäume der Campus-Achse stehen in strengen Baumgruppen, die die mineralische und ur-bane Sprache der Campus-Achse unterstreichen. Die Gliederung der Carusallee in Sequenzen unterbricht ihre Linearität und öffnet Blickfenster. An der Campus-Lounge wird so der Blick auf das Ehrenhof-Gebäude frei. Die dem Gebäude vorgestellten Bestandsbäume werden teilweise entfernt, sodass seine Fassade und das Türmchen sichtbar werden. Gleichzeitig erlaubt die topographische Erhöhung den Ausblick in den zu-künftigen nördlich angrenzenden Park. Weiter westlich, im Bereich des City-Labs stärkt ein weiteres Blick-fenster die Beziehung zwischen Stadthalle, Carusallee und Park. Der Platz des City-Labs wurde bewusst verschoben, damit die Blickachsen von der Niederwerner Straße beidseitig vorbei an der Stadthalle auf die prägenden Bäume der Carusallee treffen. Dort angekommen wird der Besucher über den Platz des City-Labs auf den dahinterliegenden Park aufmerksam. Die Stadthalle wendet sich nicht mit einer Rückseite von der Carusallee ab, sondern wird vielmehr zu einer Fassade, die sich der Carusallee zuwendet, die vom Park aus erkennbar ist und die vom Inneren des Gebäudes den Blick über die Carusallee in den Park zulässt. Wie auch die Campus-Plaza wird der Platz um das City-Lab zu einem zentralen Knotenpunkt.

VEGETATIONSKONZEPT Bei der Auswahl der Bäume kamen verschiedene Aspekte zum Tragen: An-passunsgfähigeit an trockene und zeitweise nasse Böden, Herbstfärbung, Blühaspekt, Wuchshöhe und Her-kunft. Die Carusallee wird begleitet von hoch aufgeasteten Tulpenbäumen, die lichtdurchlässig sind und durch ihre leuchtend gelbe Herbstfärbung auffallen. In der südlichen „tanzenden“ Baumreihe mischen sich vereinzelt Weymouths-Kiefern zwischen die Tulpenbäume. Ihre dunklen Nadeln bilden einen farblichen Kon-trast zu den frisch grünen und später leuchten gelben Blättern der Tulpenbäume. Im Winter stechen sie auf-grund ihrer immergrünen Belaubung ins Auge. Die Campus-Achse wird begleitet von mehrstämmigen Am-berbäumen und Rotahorn, die ein schützendes Blätterdach schaffen für die Lern- und Lesezonen der Stu-denten. Sie stehen in strengen aufeinanderfolgenden Baumpaketen, die die mineralische und urbane Spra-che der Campus-Achse unterstreichen und mit ihrer leuchtend roten Herbstfärbung einen Blickfang im Herbst darstellen. Die Bäume der Carusallee und der Campus-Achse, die ursprünglich alle in Nordamerika beheimatet sind, erinnern zugleich subtil an die historische Nutzung der Kaserne als Standort für amerikani-sche Soldaten. Campus-Plaza, Campus-Lounge und City-Lab werden betont durch kleine, mehrstämmige Bäume, die im Frühjahr durch ihre üppige Blüte und im Herbst durch ihre orangene Laubfärbung auffallen. Sie „tanzen“ frei über die Fläche und springen über die Carusallee hinweg in den nördlich gelegenen Park und auf die südliche Fläche der Stadthalle, verstärken dadurch die Sequenzen der Allee und binden die an-grenzenden Flächen mit der Carusallee zusammen.
Die Grünflächen der Carusallee sind gegliedert in intensive Rasen- und extensive Wiesenflächen, die ent-weder weitere informelle Nutzungen erlauben oder über ihre Artenzusammensetzung und Blüte zu einer besonderen kontrastreichen Atmosphäre in dem urban geprägten Raum beitragen. Im südlichen Bereich der Carusallee und in der Campus-Lounge werden Gräserinseln und -bänder eingestreut, die pflegeleicht sind und ganzjährig einen hohen Zierwert besitzen. Die Inseln der Carusallee werden durch immergrüne Hecken von der schnellen Bewegung entlang der nördlichen Promenade abgeschirmt. Zudem betonen sie im Winter zusammen mit den Kiefern die Struktur der Allee. An der Campus-Lounge und dem City-Lab glie-dern lineare Heckenbänder die offene Fläche und schaffen Räume.

MATERIAL- UND AUSSTATTUNGSKONZEPT Aufgrund der großen befestigten Flächen wird für die Promenade und die Wege eine spezialbeschichtete Asphaltdecke (Possehl) vorgeschlagen. Dadurch kön-nen die Kosten niedrig gehalten werden. Die Beschichtung mit Natursanden erlaubt aber trotzdem eine ge-stalterisch ansprechende Oberfläche. Mit unterschiedlichen Mischungsverhältnissen aus dunklem und hel-lem Gestein wird auf die Nutzung der Wegeflächen reagiert. So ist die nördliche Promenade dunkler be-schichtet (Reifenabrieb) und wird zum südlichen Fußweg hin heller. Für die wassergebundenen Decken wird das gleiche Gesteinsmaterial als Abstreu verwendet, sodass sich eine farblich abgestimmte Oberfläche ergibt. Die abgesenkten Rasen- und Wiesenflächen werden von einem 30cm breiten Band aus hellem Gra-nit (Flachbord) eingefasst. Die Campus-Plaza wird als besonderer Ort auch in seiner Materialsprache her-vorgehoben. Hier wird Naturstein in unterschiedlicher Helligkeit und Oberflächenbeschaffenheit vorgeschla-gen. Für die Inseln innerhalb der Carus-Allee kommen je nach Funktion Sand (Spiel), Riesel (Fallschutz), Kunstrasen (Fitnessgeräte, Slackline, Hängematten) und Kleinsteinpflaster (Lerninseln, Treffpunkte) zum Einsatz. Letzteres ist bereits auf dem Gelände vorhanden, wird ausgebaut und in den Inseln wiederverwen-det. Die Sitzmöbel werden aus perforiertem, weiß lackiertem Metall gefertigt. Dadurch sind sie ganzjährig nutzbar und unterliegen einem geringen Wartungsaufwand. Einzelne Intarsien erlauben bei trockener Witte-rung das Sitzen auf Holzauflagen. Die Module werden an die einzelnen Teilbereiche des Entwurfs in ihrer Form individuell angepasst. Papierkörbe und Fahrradbügel folgen in ihrer Formensprache den Sitzmöbeln, sind aber farblich, wie auch die Mastleuchten, dunkel gehalten.

LICHTKONZEPT Die Beleuchtung unterstreicht das Bewegungs- und Vegetationskonzept. So wird die nördliche Promenade der Carusallee durch linear angeordnete Mastleuchten (LPH 5.5m) ausgeleuchtet. Der südliche, sich zwischen Bäumen schlängelnde Fußweg wird begleitet von Mastleuchten (LPH 4m), die entlang der Einfassung der Grünflächen platziert werden und somit, wie auch die Bäume, über die Fläche „tanzen“. Gemäß den strengen Baumpaketen der Campus-Achse folgen die Leuchten dem strengen, gleichmäßigen Rhythmus. Der beidseitig orientierte Scheinwerfer erlaubt sowohl die Ausleuchtung der We-ge als auch der Aufenthaltsflächen unter den Bäumen. Die Beleuchtung von Campus-Plaza, Campus-Lounge und City-Lab stellt einen Kontrast zur linearen Ausleuchtung der Achsen dar. Hier kommen Mast-leuchten mit allseitig angeordneten, würfelförmigen Scheinwerfern zum Einsatz, die die Flächen großzügig flächig ausleuchten und damit wieder die Sequenzen der Allee stärken.
Optional können die Bankelemente auf der Plaza und die Raseninseln in der Allee in Szene gesetzt werden. Die Sitzflächen aus perforiertem Metall erlauben ein Hindurchschimmern des Lichtes. Dadurch wird eine besondere Effektbeleuchtung ausgewählter Elemente erreicht, die zur besonderen Identität des Ortes bei-tragen.

CARUSALLEE Die Carusallee wird als wichtige Erschließungsachse des Areals von Fußgängern, Radfah-rern und Bussen genutzt. Zwei Haltstellen binden das Gelände an das ÖPNV-System der Stadt an. Die As-phaltdecke ist äußerst robust und pflegeleicht. Ihre gestalterische Qualität wird aufgewertet durch eine Spe-zialbeschichtung aus Natursteinsanden. Der geschwungene Fußweg im Süden verläuft zwischen amorphen Inseln. Diese sind vielseitig nutzbar und bieten Raum für verschiedene Nutzungen, wie z.B. Lern- und Le-seinseln, Sportinseln, Spielinseln und Treffpunkte für alle Altersgruppen. Im Bereich der Studentenwohn-heime und Verwaltung konzentrieren sich studentische Nutzungen, während im Westen auch Kinder, Fami-lien und Senioren eingebunden werden. Auch die stellenweise platzartig aufgeweiteten Wege können be-spielt werden (z.B. Boule). In den Inseln befinden sich Sitzmöbel und Tische zum Lernen, Spielgeräte oder Senioren-Sportgeräte. Auch eine Calesthenics-Anlage und ein Boulder-Block werden vorgeschlagen, um ein vielseitiges Angebot zu schaffen. Hoch aufgeastete Bäume spenden Schatten und schaffen zugleich einen transparenten, lichten Raum. Die Inseln werden umspielt von großzügigen Rasen- und Wiesenflä-chen, die leicht abgesenkt sind und bei Regen als Versickerungsfläche dienen. Die Inseln werden zur Pro-menade hin mit Hecken umpflanzt, um eine geschützte Zone zu schaffen.

CAMPUS-ACHSE Die Campus-Achse ist im Gegensatz zur Carusallee mineralisch, wird aber von Baum-paketen aus mehrstämmigen Amberbäumen und Rotahorn begleitet. Die Campus-Gebäude werden von einer großzügigen Eingangszone begleitet, die auch Platz für Fahrradbügel bietet. Daran schließt sich der Fuß- und Radweg an. Zwei Stufen führen auf die mittig angeordneten Terrassen. Die wassergebundene Decke schafft zusammen mit dem Blätterdach eine angenehme Atmosphäre zum Lernen und Lesen. Am Kreuzungspunkt mit der Carus-Allee und der Campus-Plaza wird eine Bus-Haltestelle integriert. An der Pla-za wird die lineare Bewegung gebrochen und dann weiter südlich bis zur Niederwerner Straße fortgeführt, wo sie Besucher empfängt und ins Areal hineinführt.

CAMPUS-PLAZA Der architektonische Platz schafft einen Kontrast zu den baumüberstandenen Achsen. Die Fläche wird weitestgehend freigehalten und überwiegend mit Hilfe der Materialität gegliedert. Das Zent-rum des Platzes ist ein gedrehtes Rechteck, das mit der Linearität der Achsen bricht. Die innere Zone wird gesäumt von langen, beidseitig nutzbaren Sitzbänken. So wird Bezug sowohl zur Platzmitte als auch zu den umgebenden Gebäuden und Achsen genommen. Die leicht diagonale Ausrichtung fängt die aus Norden und Süden kommende Bewegungsrichtung auf und leitet sie um den Platz herum. Während die Achsen von Asphalt und wassergebundener Decke belegt sind, kommt hier Naturstein in zwei Größen zum Einsatz (in-nere und äußere Fläche). Unterschiedliche Oberflächenbearbeitungen (z.B. bruchrau, geflammt, sandge-strahlt) geben dem Stein unterschiedliche Grautöne. Bei Nässe oder nächtlicher Beleuchtung schimmern die unterschiedlichen Oberflächen unterschiedlich stark und verleihen dem Platz somit eine ganz besondere Lebendigkeit. Im Zentrum bietet ein Feld mit Nebeldüsen sommerliche Erfrischung und lädt zum Spielen, Verweilen und Beobachten ein. Der soziale Aspekt wird unterstützt durch freistehende Stühle, die den Nut-zern erlauben, sich ihren eigenen Platz zu suchen, je nach Gruppengröße, Sonnenstand oder Nutzung der Fläche. Somit ändert sich auch ständig das Bild des Platzes. Die Fläche ist flexibel bespielbar und bietet eine großzügige Plattform für Campus-Events.

CAMPUS-LOUNGE Neben der Campus-Plaza gibt es noch zwei weitere Unterbrechungen in der Carusal-lee. Vor dem Studentenwohnheim am Ehrenhof bildet die Campus-Lounge einen Treffpunkt für Studenten und Campusmitarbeiter. Zur nördlich verlaufenden Promenade wird die Lounge durch einen Hügel abge-schirmt, der nach Norden als kleiner Aussichtspunkt dient und nach Süden als Liegewiese. Im Zentrum be-findet sich ein langgezogenes Wasserbecken, das aufgrund seiner geringen Tiefe als Kneipp-Becken ge-nutzt werden kann. Eine Aufstellfläche für einen Food-Truck erlaubt die Versorgung mit Getränken und klei-nen Speisen, ohne dass dafür ein permanenter Kiosk vorgesehen und bewirtschaftet werden muss. Weiter-hin gibt es in diesem Bereich zwei Beachvolleyball-Felder, Picknicktische und eine Yoga-Wiese unter Be-standsbäumen, sowie eine Aufstellfläche für eine temporäre Kino-Leinwand.

CITY-LAB Im Westen verknüpft das City-Lab die zukünftige Stadthalle mit dem nördlichen Landesgarten-schau-Gelände. Hier stehen Aktivitäten für Bürger aller Kulturen und Generationen im Vordergrund. Die Fläche dient als Plattform für partizipative Projekte, die z.B. zusammen mit der FHWS Schweinfurt, dem Architekten- und Ingenieurverein e.V. Schweinfurt, dem Kunstverein Schweinfurt oder der Schweinfurter-Kreativ-Werkstatt realisiert werden. Die Fläche wächst mit dem Gebiet und bleibt in seiner Nutzung flexibel, sodass sie auf zukünftige Anforderungen und Bedürfnisse reagieren kann.