BAHNHOFSAREAL HOLZKIRCHEN


Markt Holzkirchen
Städtebaulicher Realisierungswettbewerb
Teilnahme mit dreigegeneinen architekten, München
April 2022


Nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Bestand schlagen die Entwurfsverfasser einen Neubau des Holzkirchner Bahnhofs vor. Damit bietet sich die Möglichkeit des Aufhebens bestehender Mängel und eine innovative Neukonzeption des zukünftigen Holzkirchner Bahnhofs. Ebenso kann eine grundsätzliche Neuordnung des städtischen Raums angegangen werden, welche die vorhandenen städtischen und freiräumlichen Strukturen sinnvoll weiterentwickelt. Der neue Bahnhof bietet die obligatorischen Funktionen von Ticket-, Informationsschaltern, Shop und Toiletten sowie einen direkten Zugang zur Tiefgarage mit Carsharing Angebot an. Die Bahnhofshalle ist niveaugleich zum Bahnsteig, so dass die barrierefreie Zugänglichkeit in optimaler Weise gegeben ist. Das dreigeschossige Gebäude bietet aber auch Büros der BOB eine neue Heimat. Ergänzt werden diese Nutzungen mit einem Co-Working Bereich, der den Veränderungen der Arbeitswelt gerecht wird. Abschließend bietet ein Dachaufbau Raum für eine Gastronomie mit attraktiver Dachterrasse und Blick in Richtung Süden zum Ortskern und den Alpen.

Mit der Platzierung eines selbstbewussten Baukörpers im direkten Anschluss an das Bahnhofsgebäude kann dem Haus der Begegnung und der Volkshochschule neuer Raum in einem attraktiven Umfeld angeboten werden. Als Gebäude der Bürgerschaft, am Platz gelegen, und mit seinem weithin sichtbaren Hochpunkt, stellt dieses Haus einen Orientierungs- und Identifikationspunkt für das gesamte Bahnhofsquartier und für alle Holzkirchner:innen dar. Neben den Räumen für die VHS bietet das Haus der Begegnung Nutzungen wie Café, Fahrradwerk-statt, Veranstaltungs- und Seminarräume mit Dachterrasse, Gemeinschaftswerkstatt, Bibliothek und Räume für die Tafel an. Das Gesamte Gebäude hat eine Tiefgarage, welche ebenfalls direkt mit dem Bahnhofsgebäude verbunden ist. Auf der Nordseite der Tiefgarage ist ein Musikclub untergebracht, der über den Innenhof des Hauses erreicht wird und dadurch auch einen baulichen Lärmschutz leistet.

Der Busbahnhof ist südlich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhofsgebäude positioniert und somit für Reisende auf kürzestem Wege erreichbar. Auch Taxis und On-Demand-Haltestellen, ein Kiosk und öffentliche WCs sind hier gebündelt auffindbar. Er setzt den Freiraum des Bahnhofsvorplatzes fort und wird so zum Entrée in den Ortskern. Das langgezogene Wartedach unterstützt die Wegeführung und erzeugt über integrierte Dachpaneele Strom. Raumbildende und Orientierung stiftende Baumreihen bieten entlang der Bahnhofspromenade eine attraktive Wegeverbindung und Warte-/Umsteigezone. Grüne Raseninseln laden zum Verweilen ein. Ein ortsbildprägender Bestandsbaum wurde in die Gesamtkonzeption eingegliedert und bildet den Auftakt der Promenade.

Das Park & Ride Parkhaus ist wesentlicher Bestandteil der Holzkirchner Mobilitätsdrehscheibe und soll auch als solches deutlich nach außen erkennbar werden. Durch seine Positionierung ist es, von der Nordtangente kommend, bereits von Weitem gut sichtbar. Das Parkhaus erstreckt sich über drei oberirdische Geschosse und ein Parkdeck. An der nördlichen Spitze wird die Frischeküche neu positioniert, was zum einen die direkte Auffindbarkeit von der Nordtangente als auch die komplette Unterkellerung des dreieckigen Grundstücks zugunsten einer Tiefgarage ermöglicht. Es bietet Platz für Park & Ride, Carsharing Angebote, Elektroladesäulen und Mitarbeiter-Stellplätze für die Frischeküche. Das Gebäude nutzt den schwierigen Zuschnitt des Grundstücks optimal und effizient aus.

Der Supermarkt bildet als eigenständiges Gebäude mit darüberliegen-der Büronutzung den südlichen Abschluss des Parkhauses und nutzt das Grundstück in optimaler Weise effizient aus. Seine prominente Ecklage am Eingang zur Unterführung lässt viel Laufkundschaft erwarten. Die entstehende Fahrgasse zwischen den beiden Gebäuden dient der geschützten Anlieferung. Mit seiner viergeschossigen Bauweise stellt das Gebäude einen städtebaulichen Hochpunkt dar und belebt mit seiner teils öffentlichen Erdgeschossfassade den Straßenraum. Der Eingang des Marktes sitzt vis-à-vis zur Unterführung und schafft so eine sinnhafte Platzierung.

Ebenso wie das PKW Parkhaus ist das Fahrradparkhaus immanenter Bestandteil des neuen Mobilitätskonzeptes. Es bündelt an dieser Stelle den ruhenden Radverkehr und bildet als dreigeschossiger Baukör-per einen wieder erkennbaren Orientierungspunkt im Stadtraum. Mit seiner Funktion als Eingang zur Bahnunterführung und der Lage am überregionalen Radschnellweg besetzt es eine strategisch optimale Stelle innerhalb des stadträumlichen Gefüges. Ohne abzusteigen ermöglicht es Radfahrer:innen das Befahren der Unterführung, oder das erreichen der oberen Parkdecks. Auf dem großen Gründach kann eine Photovoltaik-Anlage aufgestellt werden, die unter anderem den Strom für E-Bikes liefert.

Eine neue Wohnanlage entlang der Straße am Ladehof schließt das bestehende Wohngebiet nach Westen zu den Gleisen hin ab. Mit einer optimalen West-Ost-Ausrichtung und einer dreigeschossigen Bau-weise können hier bis zu 60 neue Wohnungen entstehen. Durch einen grün bewachsenen Lückenschluss zwischen den Gebäuden grenzt die neue Wohnanlage das bestehende Wohngebiet komplett vom Lärm der Straße und des Bahnverkehrs ab. Die unmittelbare Freifläche im Osten der Anlage stehen als grüner Gemeinschaftsraum allen Bewohner:innen zur Verfügung. Die gesamte Wohnanlage ist mit einer Tiefgarage unterlegt und ermöglicht direkte Zugänge von der Parkebene in die jeweilige Wohnung.

Der Bahnhofsvorplatz bildet eine klar auf den Ortskern weisenden städtebaulichen Raum aus, dessen verbindende Intention durch die gedrehten Raumkanten des Bahnhofs und des Haus der Begegnung noch verstärkt werden. Dadurch wird die Linearität des heutigen Bahnhofsplatzes gebrochen und verpflichtet sich einer übergeordneten Struktur, anstatt mit der gegenüberliegende Straßenseite in direkte Kommunikation zu treten. Gleichzeitig öffnet sich der Platz zur gegenüberliegenden Haidstraße und dem hier befindlichen Quartier. Der Freiraum des Platzes setzt sich nach Süden über die Bahnhofspromenade und den hier befindlichen Busbahnhof parallel zur Münchner Straße fort. Der Bahnhofsweg wird als untergeordnete Wegeverbindung bewertet und endet räumlich an der Südfassade des Bahnhofs. Nach Norden startet die Bahnhofspromenade mit der Durchquerung des Haus der Begegnung. Von hier sind Park & Ride Stellplätze und die nördliche Unterführung auf die Ostseite erreichbar. Der Bahnhofsplatz verfügt über eine hohe Aufenthaltsqualität (Pflanzinseln, Bäume, Wasser-spiel, Mobiliar; Café-Terrassen und Außenmöblierung für nicht-kommerziellen Aufenthalt) und lädt durch die dazugehörigen erdgeschossigen Platznutzungen der Gebäude zum Verweilen ein. Er ist ein attraktiver Ankunftsort. Im Vergleich zum heutigen Platzniveau ist der neue Bahnhofsplatz leicht erhöht und ermöglicht so einen stufenfreien Zugang zur Bahnhofshalle und dem Bahnsteig, so dass große Rampenbauwerke entfallen können. Die logischen Fußgängerquerungen sind strukturgebend für die teils grüne Platzgestaltung, in deren Mitte sich eine geneigte Fläche für ein Wasserspiel befindet. Sein südausgerichtetes Sitzelement rückt unvermittelt den Kirchturm ins Blickfeld. Es steigert zudem die Aufenthaltsqualität an heißen Sommertagen, ermöglicht Kinderspiel und lenkt vom Straßenlärm ab. Eine leichte Absenkung am nördlichen Ende erlaubt das temporäre Einstauen von Oberflächenwasser bei Starkregenereignissen.

Der neuen Verkehrsführung kommt entsprechend des vorhandenen Mobilitätskonzepts eine zentrale Rolle zu. Dabei ist der Busbahnhof ein wichtiger Mobilitätsknoten, der in unmittelbarer Nähe zu den Gleisen eine schnelles Umsteigen erlaubt. Die 5 Bushaltestellen und eine zusätzliche On-Demand Haltestelle werden über eine Busschleife angefahren. Der Taxistand befindet sich ebenfalls innerhalb dieses Bereichs, ist aber klar getrennt von den Bussen und erhält eine eigene Zufahrt im Süden. Kiss & Ride, Park & Ride, Kurzzeitstellplätze und Carsharing sind westlich wie östlich der Gleise teils zentral, teils dezentral verteilt. Die zentralen Parkmöglichkeiten sind westlich unterhalb des Hauses der Begegnung und im Umfeld des Zugangs zur Nordunterführung. Östlich sind sie im Park & Ride-Parkhaus und den nebenliegenden offenen Stellplätzen. Diese Parkplätze können nur über die Nordtagente angefahren werden und erlauben keinen Durchgangsverkehr ins angrenzende Wohngebiet. Die Radfahrwege östlich und westlich der Gleise werden durch die befahrbare Unterführung miteinander Verknüpft. Eintrittsstellen in die Straßen sind deutlich markiert. Das Fahrradparkhaus im Westen bietet einen zentralen und attraktiven Ort für die gebündelte Unterbringung des ruhenden Radverkehrs und liegt strategisch sinnvoll am Radschnellweg. Weitere Dezentral angeordnete Stellplatzmöglichkeiten östlich wie westlich der Gleise und rund um den Bahnhof ergänzen das Angebot für Radfahrer. Hier finden sich auch Ladestationen für E-Bikes, Bikes-Sharing und Bike Rental.

Im Sinne eines umfassenden Begriffs von Nachhaltigkeit, der den schonenden Umgang mit uns zur Verfügung stehenden Ressourcen mit einschließt, wird auch der uns zur Verfügung stehende Raum als Ressource klassifiziert. Dies führt konsequenter Weise zum Begriff der Nachverdichtung. Unter dieser Betrachtungsweise sind die Gebäude des vorliegenden Entwurfes zu betrachten. Sie reizen die verfügbaren Flächen und Volumina aus, aber nur so weit, dass sie dem Ort verträglich sind. Ihre Nutzungen erlauben diese Maximierung an Fläche. Die Gebäude sind bevorzugt in Holzbauweise zu errichten, was einerseits den Nachhaltigkeitsthemen Rechnung trägt, andererseits eine schnelle Bauzeit durch einen hohen Vorfertigungsgrad ermöglicht. Weiterführend sind die Gebäude wo immer möglich mit Retentions- und Biodiversitätsdächern für Artenvielfalt und Wasserretention ausgestattet, teils auch kombiniert mit PV Anlagen. Es ist außerdem eine Regenwassermanagement vor-zusehen, zu dem beispielsweise das Wasserspiel auf dem Bahnhofsplatz gehört. Es ermöglicht den temporären Einstau bei Starkregen. Weiterhin sind in den Freiräumen Zisternen für den Wasserrückhalt und die Bewässerung der Pflanzen zu planen. Durch die Pflanzung von Klimabäumen, dem Vorsehen von Pflanzflächen & grünen Inseln und Bereichen für artenreiche Blumenwiesen & Staudenflächen und die partielle Entsiegelung der großen Belagsflächen entstehen zu dem auch attraktive Grünräume, die den Stadtraum aufwerten. Durch diese Maßnahmen und die natürliche Verschalung großer Bäume werden Hitzeinseln reduziert.